Kurz stramm marschieren oder lange spazieren? Das Tempo beim Gehen hat erheblichen Einfluss auf die Lebenserwartung. Wie deutlich sich die Effekte unterscheiden, zeigt jetzt eine Studie.
Regelmäßiges Gehen hält fit und gesund. Wer wirklich profitieren will, sollte allerdings einen Zahn zulegen: So lässt sich mit einem erheblich geringeren Zeitaufwand die Lebenszeit eindrucksvoll verlängern.
15 Minuten täglich stramm gehen
Das Team um Prof. Wei Zheng von der Vanderbilt University in Tennessee hat Daten von fast 80.000 Männern und Frauen im Alter von 40 bis 79 Jahren ausgewertet. Und die belegen:
Wer täglich 15 Minuten stramm geht, reduziert sein Risiko, vorzeitig zu sterben, um fast 20 Prozent. Wer länger flott voranschritt, konnte sein Sterberisiko noch weiter senken.
Zum Vergleich: Teilnehmende, die mehr als drei Stunden pro Tag langsam gingen, profitierten zwar ebenfalls. Ihr Sterberisiko sank trotz des 12-fachen Zeitaufwandes aber nur um 4 Prozent.
Die Ergebnisse waren unabhängig von anderen Faktoren wie Ernährung, Rauchverhalten oder sportlicher Aktivität. Dabei sank vor allem die Zahl der Herz-Kreislauf-bedingten Todesfälle.
„Unsere Studie belegt, dass das Tempo entscheidend ist“, sagt Studienleiter Zheng.
Schnellläufer oder Langsamgeher?
Die Teilnehmer hatten im Vorfeld angegeben, wie viel Zeit sie pro Tag durchschnittlich „langsam gehen“ (z.B. beim Herumlaufen, Gehen im Rahmen der Arbeit, Gassi gehen mit dem Hund – oder sich anderweitig leichter körperlich betätigen) und wie viel Zeit sie täglich „schnell gehen“ (zügiges Gehen, aber auch Treppensteigen oder anderer mäßig intensiver Sport).
Hier offenbart sich allerdings eine Schwäche der Studie: Die Daten basieren auf den Berichten der Teilnehmenden, sie wurden nicht objektiv gemessen. Dass die Unterschiede dennoch so groß sind, spricht jedoch für einen realen Effekt.
Nur jeder Zweite geht im Alltag schnell
Fast die Hälfte der Teilnehmenden (47,9 Prozent) gab an, im Alltag gar kein schnelles Gehen zu praktizieren, während immerhin etwa ein Drittel (34,2 Prozent) täglich mehr als drei Stunden langsam ging.
Diese Angaben glich das Forschungsteam über einen Zeitraum von durchschnittlich 16 Jahren mit Daten aus dem US-amerikanischen „National Death Index“ ab.
Mehr Tempo fürs Herz
Schnelles Gehen (oder eine vergleichbare sportliche Betätigung) bietet demnach verschiedene Vorteile:
- Es stärkt das Herz-Kreislauf-System: Schnelles Gehen steigert die Effizienz des Herzens und verbessert die Sauerstoffversorgung.
- Es hilft beim Gewichtsmanagement: Schnelles Gehen reduziert das Risiko für Übergewicht, Bluthochdruck und Fettstoffwechselstörungen.
- Es ist für (fast) jeden geeignet: Schnelles Gehen erfordert keine Ausrüstung, kein Fitnessstudio und ist für alle Altersgruppen machbar.
Forsch Gehen: Fitness für alle!
Eine Besonderheit der Studie: Die Teilnehmenden waren überwiegend einkommensschwach und/oder Afroamerikaner. Vorangegangene Untersuchungen hatten überwiegend sozioökonomisch besser gestellte weiße Männer und Frauen einbezogen.
Daher ist die Erkenntnis, dass eine so niedrigschwellige Bewegungsform wie rasches Gehen einen derart großen gesundheitlichen Nutzen hat, von besonderer Bedeutung. Denn Menschen mit niedrigem Einkommen haben ein erhöhtes Risiko für chronische Erkrankungen und eine geringere Lebenserwartung – oft bedingt durch Faktoren wie schlechte Ernährung, höhere Rauchquoten, ungesunde Wohn- und Arbeitsbedingungen oder mangelnden Zugang zur Gesundheitsversorgung.
„Zügiges Gehen ist eine bequeme, leicht zugängliche und gelenkschonende Aktivität, die alle Menschen, unabhängig von Alter und Fitness, nutzen können, um ihre allgemeine Gesundheit und insbesondere ihre Herz-Kreislauf-Gesundheit zu verbessern“, sagte Zheng.
Menschen heute schneller unterwegs als vor 50 Jahren
Vor diesem Hintergrund liefert eine andere aktuelle Studie eine weitere gute Nachricht: Demnach sind Menschen inzwischen zu Fuß deutlich schneller unterwegs als vor 50 Jahren – durchschnittlich mit inzwischen durchaus respektablen 5 km/h.
Das gilt zumindest in amerikanischen Großstädten wie New York, Boston und Philadelphia. Ob allerdings erhöhter Stress den Antrieb fürs Tempo liefert, kann die Studie nicht klären. Denn der wäre wenig förderlich für die Gesundheit.

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