Polio im Abwasser: Kehrt die Kinderlähmung zurück?

 Im Abwasser mehrerer Großstädte werden seit April immer wieder lebende Polioviren entdeckt. Experten befürchten eine drohende Ausbreitung – und raten den Impfschutz zu prüfen. Insbesondere bei Kindern gibt es gravierende Impflücken.



Eigentlich galt die Kinderlähmung in Deutschland als besiegt. Doch nun wurden wie schon vergagenes Jahr Polioviren in Abwasserproben mehrerer deutscher Großstädte nachgewiesen, darunter Dresden, München, Mainz und Stuttgart.


Lebende Erreger aus der Schluckimpfung

Dabei handelt es sich um Erreger vom Typ cVDPV2 eine Variante, die ursprünglich aus der Schluckimpfung mit abgeschwächten Lebendviren stammt. Diese wurde in Deutschland bereits 1998 durch eine Impfung per Spritze mit inaktivierten Viren abgelöst. In anderen Ländern vor allem in Afrika und Asienwird die Schluckimpfung weiterhin eingesetzt.

Denkbar ist zwar, dass der Erreger durch Reisende eingeschleppt wurde und es sich um Einzelfälle handelt. Aufgrund der Dauer und Häufung der Nachweise erscheine es aber zunehmend wahrscheinlich, dass es zumindest lokal begrenzte Übertragungen von Mensch zu Mensch gibt, warnt das Robert-Koch Institut (RKI) in seinem aktuellen Bulletin.


Wie gefährlich ist die Lage?

Menschen mit vollständigem Polio-Impfschutz erkranken in der Regel nicht an Kinderlähmung. Sie können das Virus jedoch unbemerkt weitergeben. Ungeimpften oder unvollständig geimpften Personen kann eine Infektion dann gefährlich werden. Zwar laufen die meisten Infektionen symptomlos ab. In seltenen Fällen treten bleibende Lähmungen auf oder die Krankheit verläuft tödlich.

Wie viele Menschen infiziert sind, lässt sich anhand der Wasserproben nicht ablesen. Gemeldete Krankheitsfälle gibt es in Deutschland bislang nicht aber das Risiko steigt.

Den besten Schutz vor Polio bietet eine vollständige Impfung. Die Ständige Impfkommission (STIKO) empfiehlt drei Impfungen im ersten Lebensjahr sowie Auffrischungen im Jugend- und Erwachsenenalter.


Erhebliche Impflücken bei Kindern

Besonders bei jüngeren Kindern gibt es dem RKI zufolge allerdings gravierende Impflücken. So sind nur 21 Prozent der Einjährigen in Deutschland vollständig gegen Polio geimpft.

Polio ist hochansteckend. Die Übertragung erfolgt meist als Schmierinfektion über den Stuhl (fäkal-oral). Da der Erreger sich anfangs vornehmlich im Rachenraum vermehrt, kann er sich aber auch durch Tröpfcheninfektion verbreiten.

Mehr zum Thema lesen Sie in unserem Beitrag über Polio.

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