Koffein und Vorhofflimmern: Ist Kaffee besser als sein Ruf?

 Lange Zeit lautete der Ratschlag: Lieber kein Kaffee für Menschen mit Herzrhythmusstörungen. Die Annahme, dass das im Kaffee enthaltene Koffein Vorhofflimmern auslösen oder verstärken könnte, war weit verbreitet. Doch eine aktuelle wissenschaftliche Untersuchung liefert nun überraschende Ergebnisse: Der Konsum von koffeinhaltigem Kaffee könnte das Risiko für Vorhofflimmern sogar senken.



Verzicht oder nicht?

Um den Einfluss von Kaffee auf Herzrhythmusstörungen zu untersuchen, konnten die an der DECAF-Studie beteiligten Wissenschaftler 200 Männer und Frauen für die Untersuchung gewinnen. Voraussetzung für die Teilnahme war diagnostiziertes Vorhofflimmern oder Vorhofflattern. Alle Betroffenen waren vor Studienbeginn außerdem erfolgreich elektrisch kardiovertiert worden – ihr Herzrhythmus hatte sich durch den kontrolliert abgegebenen Stromimpuls also normalisiert.

Die Teilnehmenden wurden in zwei Gruppen eingeteilt: Während die einen täglich mindestens eine Tasse koffeinhaltigen Kaffee trinken durften, sollten die anderen vollständig auf Kaffee und koffeinhaltige Produkte verzichten – auch auf entkoffeinierten Kaffee. Über einen Zeitraum von sechs Monaten wurde anschließend untersucht, ob und wie häufig das Herz wieder aus dem Takt geriet.

Durchgeführt wurde die Studie zwischen November 2021 und Dezember 2024 in mehreren Krankenhäusern in den USA, Kanada und Australien. Die teilnehmenden Erwachsenen waren durchschnittlich 69 Jahre alt; 71 Prozent von ihnen waren Männer.


Kaffee senkt Risiko um 39 Prozent

Die Ergebnisse waren eindeutig: Das Risiko für erneutes Vorhofflimmern lag bei den Kaffeetrinkern bei 47 Prozent. In der Abstinenzgruppe war es jedoch deutlich höher: 64 Prozent der Nicht-Trinker waren erneut von Herzrhythmusstörungen betroffen. Das entspricht einem um 39 Prozent geringeren Risiko für erneutes Vorhofflimmern in der Gruppe der Kaffee-Trinker.


Wie schützt Kaffee das Herz?

Dafür gibt es nach Auffassung der Forschenden mehrere Gründe. Eine zentrale Rolle scheint das Koffein zu spielen: Es blockiert sogenannte Adenosin-Rezeptoren, die an der Entstehung von Vorhofflimmern beteiligt sind. Adenosin kann die Erregbarkeit des Herzens erhöhen und Vorhofflimmern begünstigen – Koffein wirkt diesem Effekt entgegen.

Darüber hinaus hat Kaffee entzündungshemmende Eigenschaften. Entzündungen gelten als Risikofaktor für Vorhofflimmern: Klingen sie ab, könnte sich das positiv auf die Herzgesundheit auswirken.

Ob auch die harntreibende Wirkung von Kaffee eine Rolle spielt, weil sich dadurch der Blutdruck verbessern kann, wird ebenfalls diskutiert. Frühere Studien haben außerdem gezeigt, dass Kaffeetrinker oft körperlich aktiver sind – Bewegung kann das Risiko für Vorhofflimmern ebenfalls senken.


Eine Tasse am Tag – aber mit Einschränkungen

Die Ergebnisse der Studie legen nahe, dass Patienten und Patientinnen mit Herzrhythmusstörungen nicht zwangsläufig auf ihren morgendlichen Kaffee verzichten müssen. Im Gegenteil: Der moderate Konsum von einer Tasse koffeinhaltigem Kaffee täglich könnte das Risiko für ein erneutes Auftreten von Vorhofflimmern sogar senken.

So sehr die Botschaft Kaffee-Liebhaber auch erfreuen mag: Die Studie muss mit Einschränkungen betrachtet werden. Mit nur 200 Teilnehmenden war sie recht klein und zudem nicht verblindet – das bedeutet, jede und jeder wusste, wer mit oder ohne Koffein in den Tag startete. Auch bei der sogenannten Adhärenz gab es Luft nach oben: Nur 69 Prozent der Männer und Frauen in der koffeinfreien Gruppe hielten sich konsequent an die Vorgaben.

Hinzu kommt: Nicht jeder Mensch reagiert gleich auf Koffein. Wer unter Herzrhythmusstörungen wie Vorhofflimmern oder Vorhofflattern leidet und bislang auf Kaffee verzichtet hat, sollte seine Ernährungsgewohnheiten nicht ändern, ohne vorher Rücksprache mit seinem Arzt oder seiner Ärztin zu halten.

Post a Comment

Plus récente Plus ancienne

ads1

ads2